Start frei für die E-Busse der KVG: Bei dem heutigen Pressetermin in der Wendeschleife Holländische Straße feierten den Beginn des Linienbetriebes mit den zwölf vollelektrischen Bussen der KVG (v.li.): Busfahrer Marvin Lux, Kassels Stadtklimarätin Simone Fedderke, KVV-Interimsgeschäftsführer Stefan Grützmacher und KVG-Vorstand Dr. Olaf Hornfeck. (Foto: KVG AG / Bernd Schoelzchen)

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Die E-Busse der KVG fahren „auf Linie“

Auf Jungfernfahrt

Premiere für Nordhessen: E-Busse auf den Linien 11, 25, 27 und 28

Kassel, 17. April 2024.Energiebündel“, „Pssst statt Brumm“: Mit diesen Slogans hat die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft AG (KVG) ihre zwölf E-Busse in den Linienverkehr geschickt. Pünktlich am ersten Schultag nach den hessischen Osterferien, am 15. April, war es so weit. Heute informierten Kassels Stadtklimarätin Simone Fedderke und Vertreter der KVG bei der „Jungfernfahrt“ über die Vorgeschichte des Projekts, den aktuellen Stand und die Perspektive.

„Die Stadt Kassel und die KVG treiben die Elektromobilität weiter voran. Wir erleben eine Premiere: In Nordhessen sind die ersten vollelektrischen Busse im Einsatz“, freute sich Stadtklimarätin Simone Fedderke bei dem heutigen Pressetermin und ordnete das Geschehen in das Gesamtbild ein: „Die Straßenbahnen und RegioTrams der KVG sind schon längst in Stadt und Region elektrisch unterwegs. Mit dem Start des Linienverkehrs dieser neuen Busgeneration begeben wir uns auf den Endspurt zum völlig emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr.“

Die Stadt Kassel will schnellstmöglich klimaneutral werden, erinnerte Fedderke. „Die KVG leistet mit ihren jährlich mehr als 48 Millionen Fahrgästen in Bussen und Trams schon heute einen erheblichen Beitrag für den Klimaschutz und die Lebensqualität in der Stadt. Jeder Kilometer mit dem ÖPNV spart nicht nur Emissionen, sondern auch Fläche für Straßen oder Parkplätze. Wenn die Busflotte der KVG in den kommenden Jahren vollständig auf E-Antrieb umgestellt wird, wird ihr Beitrag für die Lebensqualität in unserer Stadt nochmals deutlich steigen.“

In diesem ersten Schritt zum vollständig emissionsfreien ÖPNV setzt die KVG ihre acht vollelektrischen Schubgelenkbusse auf der stark nachgefragten Linie 11 ein. Sie verbindet die Stadt Vellmar mit der Kasseler Nordstadt und den Stadtteilen Jungfernkopf, Kirchditmold, Bad Wilhelmshöhe mit dem ICE-Bahnhof, sowie Süsterfeld-Helleböhn und Niederzwehren in einem Takt bis zu zehn Minuten.

Die vier E-Solobusse der KVG fahren auf den Stadtteillinien 25 (Haltestelle „Auestadion“ bis „Rathaus/Fünffensterstraße“), 27 („Ihringshäuser Straße“ bis „Wolfsgraben“) und 28 („Holländische Straße“ bis „Warteberg“). Hier ersetzt je einer aus dem sauberen Quartett zeitweise einen Dieselbus.

„Wir haben den Linienbetrieb jetzt erfolgreich gestartet, und das ist ein Erfolg der gesamten KVG, ihrer Schwesterunternehmen in der KVV-Gruppe, und der guten Zusammenarbeit mit vielen externen Partnern“, sagte Dr. Olaf Hornfeck.

„Nach wie vor aber sind wir in der Lernphase“, betonte der KVG-Vorstand. „Nicht nur für den öffentlichen Nahverkehr der KVG ist diese Antriebstechnologie für Busse neu. Auch international fehlt gerade im Linienverkehr mit einem topographisch schwierigen Umfeld ausreichend Erfahrung.“ Die weitaus meisten Verkehrsunternehmen mit batteriebetriebenen Bussen seien mit deutlich einfacheren Bedingungen konfrontiert oder ließen sie auf kürzeren oder Teillinien fahren. Hinzu kommt, dass Busse der KVG täglich eine Strecke von bis zu 380 km zurücklegen. Deshalb könne sich nur im realen Kasseler Linienverkehr zeigen, „ob sich unsere E-Busse in der Praxis bewähren wie bisher geplant, oder ob wir nachjustieren müssen.“

Gerade aufgrund der Kasseler Besonderheiten hatte die KVG vor der Bestellung der E-Busse im Jahr 2022 Modelle verschiedener Hersteller getestet. Nach europaweiter Ausschreibung machte die Firma Solaris das Rennen. Doch auch nach Ankunft der E-Busse wurde ab Dezember vorigen Jahres die Testreihe fortgesetzt und für eine fundierte Analyse Daten erhoben. Dabei fuhren die Busse wie im realen Linienbetrieb, Gewichte simulierten unterschiedliche Besetzung und Verteilung der Fahrgäste.   

Im Rückblick läge hinter der KVG seit der Machbarkeitsstudie im Jahr 2021 bis heute „ein sehr herausfordernder Weg“, erläuterte Dr. Hornfeck weiter. Dieser war gepflastert mit einer Reihe zu beantwortenden Fragen:

  • Wo kann die KVG die Busse täglich einsetzen unter folgenden Voraussetzungen: Unterschiedliche Besetzung mit Fahrgästen, Hitze und Frost, Steigungsstrecken von teils über 13 Prozent bei einer Reichweite der Batterien von etwa 170 km bei einem Schubgelenk- und 220 km bei einem Solobus?
  • Wie leistungsfähig muss die Ladeinfrastruktur sein, denn: Klar war, dass die Batterien der E-Busse besonders beansprucht werden. Je mehr Batterieleistung aber notwendig wird, umso leistungsfähiger muss die Ladeinfrastruktur sein. Wie also muss diese ausgelegt sein?
  • Schnell sei auch deutlich geworden, so Dr. Hornfeck weiter, dass eine Zwischenladung notwendig ist – auf jeden Fall für große Schubgelenkbusse auf langen oder von starken Steigungsstrecken gekennzeichneten Linien. Hier war die Frage zu beantworten: Wo kann die KVG Lademaste für die Zwischenladung bauen? Davon hing die Frage ab, auf welchen Linien die Busse eingesetzt werden können
  • Und schließlich: Wo können die Busse abgestellt und über Nacht geladen werden? Weder der Betriebshof Wilhelmshöhe noch der Betriebshof in der Sandershäuser Straße 23 boten ausreichend Platz.

Die Antwort der KVG: Do it yourself!

Auf dem von der Firma HÜBNER gekauften Gelände in der Sandershäuser Straße 59 („BS59“) in Nachbarschaft zu ihrem bestehenden Betriebshof schuf die KVG in nur gut einem Jahr einen Standort für ihre zwölf E-Busse einschließlich der kompletten Ladeinfrastruktur mit sechs Doppellademasten. Auf dem ebenfalls KVG-eigenen Gelände in der Wendeschleife Holländische Straße errichtete die Dinslakener Firma SBRS GmbH einen weiteren Lademast für das Zwischenladen der Busse.

 

Weitere Informationen über die E-Busse, Modell Solaris New Urbino electric, der KVG:

  • Über 38 Sitz- und 68 Stehplätze verfügt ein Schubgelenkbus, ein Solobus 26 Sitz- und 45 Stehplätze, ferner Ladebuchsen z.B. für ein Handy sowie 2 Mehrzweckbereiche etwa für Rollstühle.

Monitore in den Bussen bieten Fahrgastinformation, etwa über den Linienverlauf. LED-Leuchten sorgen im Fahrgastraum für mehr Helligkeit als in den Dieselbussen der KVG, und die Beleuchtung kann gedimmt werden. Statt Außenspiegel sind an den E-Bussen Mirrorcams angebracht. Dies erlauben eine bessere Rundum-Sicht des Fahrpersonals, und dies vor allem bei Dunkelheit

  • Nach ihrem täglichen Linienverkehr rücken die Busse zunächst in den KVG-Betriebshof Sandershäuser Straße 23 ein, weil sich hier u.a. die Werkstatt befindet. In der Nacht werden die Busse zu dem neuen Gelände der KVG „BS59“ gebracht, wo sie über Nacht an sechs Doppellademasten mit einer Leistung bis zu 150 KW mit Strom versorgt werden und morgens in den Linienverkehr ausrücken
     
  • Die Busse fahren mit 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren Quellen (Europäische Wasserkraft und aus dem regionalen Windpark Stiftswald der Städtische Werke AG). Die Zwischenladung erfolgt an einem Lademast in der Wendeschleife Holländische Straße mit bis zu 350 kW. Geladen wird vollautomatisch über einen Pantographen (Stromabnehmer) auf dem Dach des Busses. Beim Bremsen speisen die Batterien Strom in das Energienetz zurück („Rekuperation“). Die gesamte Ladeinfrastruktur hat die zur Shell-Gruppe gehörende Dinslakener Firma SBRS GmbH gebaut.
     
  • Bei den Solobussen befinden sich je 2 Batterien im Heck und auf dem Dach mit jeweils 88 KWh Kapazität, bei den Schubgelenkbussen sind 2 Batterien im Heck und 4 auf dem Dach mit jeweils 88 kWh. Die Akkus bestehen aus NMC (Nickel-Mangan-Cobalt)
     
  • Die 12 E-Busse der KVG haben insgesamt etwa 10 Mio. Euro gekostet, weitere rund 2,3 Mio. Euro die Ladeinfrastruktur. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert 80 Prozent der Mehrkosten eines neuen vollelektrischen Busses gegenüber einem Dieselbus und bezuschusst die Ladeinfrastruktur zu 40 Prozent.